Das Wahre, Schöne, Gute - Meine Heirat

Das Wahre, Schöne, Gute

Meine Heirat

 

Die folgende Geschichte umfasst Erfahrungen aus meinem Leben, die ich so erlebte, wie sie in den folgenden Worten zum Ausdruck kommen - gesungen von der Band Wir sind Helden in ihrem Album Bring mich nach Hause [1]:

 

 

 

"Für das Wahre, Schöne, Gute

will jeder gerne bluten

und fühlen, was es zu fühlen gibt.

Es war alles schön und gut,

es gibt nichts, was man nicht tut."

 

 

 

-

 

Wir beide kommen von der Uni. Ein Ort, der uns verbindet. Uns, unsere Gedanken und unsere Ideale. In den vielen Kaffees, in denen wir miteinander reden, uns kennenlernen. Gedichte vorlesen, die wir füreinander geschrieben haben.

 

Sie sitzt am Fahrrad. Richtung Sankt Peter. Ich fahre hinterher. Die Beine meiner Freundin sind wunderschön. Sehe ihre Schenkel sich auf und ab bewegen. Sie hat Strümpfe an. Und enge Shorts. Bei ihr Zuhause haben wir Sex. Obwohl sie noch Regelblutungen hat. Ihr macht das nichts aus. Das Leintuch ist befleckt. Mein Penis ist voller Blut. Sie nimmt ihn in den Mund. "Alles natürlich", erklärt sie mir. Das empfinde ich auch so. Und küsse ihre Vulva. Dringe wieder in sie ein und komme in ihr.

 

An diesem Abend lasse ich meine Zahnbürste bei ihr. Gebe ihr zu verstehen, dass ich bleiben möchte. Fortan begegnen wir uns immer öfter - und mehr.

 

 

 

In unseren Augen.

 

So schön.

 

Sind ihre Backen,

ihr Mund,

ihr Hals,

ihr Körper.

 

Das Kind in ihr.

Das Kind in mir.

Wir, die Vertrauen empfinden.

Uns trauen, mutig sind und lieben.

 

 

 

-

 

Ein paar Tage später - als mich meine Freundin besucht - liest sie mir einen Brief vor. Beim Zuhören sehe ich Bilder von einer Kirche mit weißen Säulen, einem hohen Gewölbe mit goldenem Ornament, Holzbänke, den Marmorboden. Weiß strahlendes Licht. Ihr Brief endet mit den Zeilen:

 

 

 

„Im Wagen, in der Grenzlosigkeit, in der Wahrheit, in der Schönheit - dort fühle ich mich zu Hause, dort möchte ich schaffen, mich herausfordern und immerfort bewegen. Meine Wahrheit leben.

Du siehst mich. Und ich möchte Dir sagen,
dass ich Dich sehe. Vertrauen, hoffen, glauben, wagen - das was
Treue wirklich bedeutet, das gebe ich Dir.“

 

 

 

Und ich sage „Ja“. Wir trauten - trauen uns: Heiraten! Als wir an demselben Abend zum ersten Mal die Droge MDMA probieren. Und unseren Wunsch erlebbar machen:

 

 

 

Uns so unmittelbar zu begegnen,

wie nur möglich.

 

 

 

Unter Einfluss der Droge habe ich Visionen. Von uns Beiden. Sie meine Königin. Ich ihr König. Wir halten uns an den Händen. Entlang schreitend in unserem Palast. Auf einem Hügel. Unter uns und um uns eine Stadt mit ihren Holzfeuern. Mitten im Nachthimmel. In den Sternen. Wir sind schon älter. Ich mit schwarzem, leicht grauem und langem Haar, das mir bis zu meinen Schultern reicht. Und meine Freundin - auch älter - Erfahrungen erlebt, wie sie einem nur das Leben vermitteln können. Ich empfinde Mitgefühl. Ich liebe sie. Ihre Hand liegt auf meiner - trage sie. Was sie - für alle sichtbar - zu meiner Königin macht. Sehe Universen durch mich - uns beide - hindurchfließen. Wir versprechen uns, alles füreinander zu sein: Freundin und Freund, Frau und Mann, Schwester und Bruder, Begleiterin und Begleiter.

 

-

 

Doch, dass wir füreinander wirklich alles - auch Misstrauende und Misstrauender, Nicht-Bekanntsein-Wollende und Nicht-Bekanntsein-Wollender sein könnten, erwähnen wir nicht. Das fällt mir auf.

 

Mit meiner Freundin erlebte ich vier schöne Monate. Lernte mit ihr das Wahre, Schöne, Gute kennen. Beschritt dabei meine Reise nach Hause. In den nächsten sieben Monaten viel alles wieder auseinander. Wie ich dabei blutete. Und fühlte, was es fühlen gab. Gab es doch nichts, was wir nicht taten - was ich nicht tat. Traute mich. Heiratete.

 

Sex. Drogen.

 

Liebe. Vor dem Sprung. Im Moment des Losspringens. Beim Abheben. Dem Flug. Der Unberührtheit. In der Unendlichkeit. Und dem Eindringen - in das Leben. In meinem Sprung des Lebens.

 

[1] Diese Zeilen stammen von der Band Wir sind Helden. Zu finden im Album Bring mich nach Hause - im Lied Die Ballade von Wolfgang und Brigitte.


 

 

Aus dem Buch

Newborn - Mein Sprung ins Leben

von Markus Messerschmidt

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