Als ich verliebt war und meditieren lernte - Intentionsdialog

Als ich verliebt war und meditieren lernte

Intentionsdialog

 

Zeitlich - chronologisch - betrachtet, begegnete ich meiner Freundin, noch bevor ich meiner spirituellen Lehrerin begegnete. Meine Freundin stellte mich ihr vor.

 

Als Biograph stoße ich gerade jetzt (beim Schreiben des Buchs) auf diese Geschichte. In mir. Und empfinde, dass sie einen entscheidenden Aspekt meines Sprungs ins Leben sichtbar macht: Denn hier lerne ich, meinen Körper bewusst wahrzunehmen und zu fühlen. Anzunehmen. Eine Erfahrung, die unbeschreiblich neu für mich war. Ich lernte zu meditieren.

 

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Meine Freundin nimmt mich zu einem Workshop mit. Wir haben uns zwei Wochen zuvor kennengelernt. Wir sind verliebt. Ich bin verliebt.

 

Die Stiegen laufen wir hoch, weil wir zu spät dran sind. Vorher haben wir noch schnell Essen eingekauft. Es soll Gemüsesuppe für alle geben.

 

Ich freue mich. Bin auch sehr aufgeregt. Es beginnt. Wir sitzen im Kreis. Meine spirituelle Lehrerin fragt, wer beginnen möchte. Keiner der anderen meldet sich. Ich zeige auf.

 

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In meine Freundin habe ich mich "beiläufig" verliebt - es ist einfach passiert. Entlang der Heinrichstraße in Graz. Richtung Uni. Während dem nebeneinander Hergehen und Erzählen. Im Kaffee, wo um uns die farbigen Blätter vom Baum fielen. Es ist Herbst. Wir lachen viel. Sind erstaunt über den Anderen. Wir mögen und verstehen uns.

 

Meine Freundin lässt in mir Lebendigkeit entstehen. Meine Gedanken findet sie schön. Sie mag mein Lächeln und meine „Art”. Ich mag sie und ihr Staunen über mich. Sie war auch der Grund, warum es mir so leicht viel, Neues in mein Leben zu lassen: Sie fragte mich, ob ich mit ihr zu diesem Workshop gehen möchte.

 

Mir war klar, dass ich das mit ihr erleben möchte. Ich spritzte wichtige Vorbereitungsarbeiten für die Universität und tauchte ab - und ein in eine neue Welt. Mein Verliebtsein ließ mich Dinge tun, die neu für mich waren.

 

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Ein Holzboden. Es war warm. Und Polster lagen herum. Zwölf Leute saßen in diesem Kreis. Junge schöne Frauen. Männer, die einen herzlichen Eindruck machten. Ich meldete mich für die kommende Übung - und meine spirituelle Lehrerin begann mit mir zu meditieren. In Form einer Einzelübung, bei der miteinander gesprochen wird. Die Meditationsmethode heißt „Intentionsdialog“.

 

In diesem Dialog konfrontierte mich meine spirituelle Lehrerin mit mir selbst. Mit meinem Tinnitus im rechten Ohr. Er entstand während meiner ersten Partnerschaft. War Ausdruck meines Leids und der Ohnmacht, die sie mir bereitete. Diesem Leid lernte ich in der Meditation bewusst zu begegnen. Und einen Weg zu finden, mit meinen Erlebnissen aus der Vergangenheit umzugehen. Als meine spirituelle Lehrerin mit mir meditierte - und sie mich fragte, was ich denn jetzt - in diesem Moment - in meinem Körper wahrnehme. Fühle. Da wurde mir vieles klar.

 

 

 

Angst, Wut, Trauer und Freude.

 

Körperempfindungen.

 

Ich kannte eigentlich nur

meine Gedanken.

 

Lebte in der Welt der Gedanken.

In Vorstellungen.

 

Die trügerisch den Anschein erwecken, alles zu umfassen und zu beschreiben.

Sicherheit geben,

die so nicht existiert.

 

 

 

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Eine (gefühlte) halbe Stunde hatte meine spirituelle Lehrerin mit mir meditiert - mich gefragt: Was ich in meinem Körper fühle und ob ich Erlaubnis dafür habe, das Empfundene wahrzunehmen. Annehmen. Sie fragte mich nach meinen Emotionen. Ich kannte eigentlich nur meine Gedanken und Vorstellungen. Und lernte jetzt bewusst den Empfindungen in meinem Körper und meinen Emotionen zu begegnen. Mit dem Fokus meiner Aufmerksamkeit auf meinem Körper. Meine Gedanken und Vorstellungen sollten auch da sein dürfen - jedoch mich nicht ausschließlich bestimmen dürfen.

 

Dabei gab ich mir alle Mühe. Vertraute meiner spirituellen Lehrerin. Und ich war verliebt. In meine Freundin. Ich fasste mir, weil ich mich mit ihr so wohl fühlte ein Herz - viele weitere Male sollten folgen. An diesem Tag fühlte ich meinen Tinnitus: Das vibrieren im rechten Ohr, die Wärme im Kopf und meine Unruhe.

 

 

 

Aus dem Buch

Newborn - Mein Sprung ins Leben

von Markus Messerschmidt

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